Samstag, 21. Januar 2006

Samstag mit Zackarina

Zackarina

Zackarina ist die Lieblingsbilderbuchheldin meines Sohnes – und auch ich bin immer wieder vollkommen entzückt darüber, wie die Gefühls- und Gedankenwelt von Kindern mit einfachen Fragen und ebensolchen Antworten in Geschichten verpackt werden kann.

Zackarina lebt mit ihren Eltern in einem kleinen Haus am Meer. Eines Tages begegnet ihr am Strand der Sandwolf (Fata Sandwolf nennt ihn eine Rezensentin).Die beiden freunden sich an und verbringen einen gemeinsamen Sommer, in dem sich Zackarina in wunderschönen Gesprächen Rat holt von ihrem neuen Freund und Antworten bekommt auf Fragen, die das Leben und vor allem das Zusammensein mit Erwachsenen für Zackarina so aufwirft.
Ich weiß gar nicht, wie oft wir das Buch schon gelesen haben – meine Lieblingsgeschichte heißt jedenfalls „Ein Fest?“ und ist meine heutige Hommage an Eltern, Kinder und ihre Babysitter.
Ihnen allen wünsche ich einen wunderbaren Samstagabend...



Ein Fest?

Draußen schien die Sonne von einem blauen Himmel, aber zu Hause bei Zackarina, im Haus am Meer, war ein Unwetter im Gang. Zackarina war wütend. Sie blitzte wie ein Gewitter und heulte wie ein Sturm. Sie war auf Papa wütend und auf Mama. Papa hatte nämlich erzählt. Dass er und Mama am Samstag auf ein Fest gehen würden und Zackarina nicht mitdürfe.
Sie konnte es kaum glauben. Das war das Ungerechteste, was sie je gehört hatte.
„Ich will auch mit zum Fest!“, heulte sie.
„Aber das ist ein Fest für Erwachsene“, sagte Papa.
„Und ich?“, weinte Zackarina. „Wollt ihr mich einfach hier lassen? Soll ich die ganze Nacht allein bleiben?“
„Natürlich nicht“, sagte Papa. „Wir werden jemanden finden, der auf dich aufpasst, das ist doch klar.“
Aufpassen? Na, jetzt wurde Zackarina noch wütender. Sollte auf sie aufgepasst werden, von einem Aufpasser? Das war ja wie im Gefängnis. Würde man sie auch einsperren? Womöglich in einen Keller mit Gitterfenstern? Und so sollte sie da sitzen und verhungern, während die anderen feierten und sich mit Torte voll stopften.
„Ich will keinen Aufpasser haben!“, schrie Zackarina und lief aus dem Haus.
Sie schlug dire Tür so fest zu, dass es im ganzen Haus klapperte. Sie rannte direkt zum Sandwolf hinunter. Sofort wollte sie dem Sandwolf erzählen, wie gemein sie waren, ihr Papa und ihre Mama.
Zum Glück lad er dort im Sand und glitzerte, genau so groß und wild wie immer. Erspielte mit einem kleinen Ball, weiß und flauschig. Warf ihn in die Luft und fing ihn mit seinen Tatzen auf.
„Weißt du was?!“, sagte Zackarina. „Papa und Mama sind verrückt. Sie wollen mich im Keller einsperren, ohne Essen und mit einem Aufpasser... und sie... sie...“
Sie verstummte plötzlich und starrte auf den kleinen, weißen Ball. Er hatte Flügel! Kleine, kleine Flügel, und Arme und Beine, und er quiekte und lachte.
„Ein Engelbaby?“, fragte Zackarina. „Woher hast du es?“
„Vom Himmel natürlich“, sagte der Sandwolf.
Er fing das Engelkind auf, gab ihm einen Kuss und warf es wieder in die Luft. Es flog zu einer Fichte, setzte sich auf einen Ast und schaukelte.
„Ist das dein Baby?“, fragte Zackarina.
„Nein, Blödsinn!“, sagte der Sandwolf. „Ich passe nur auf, weil die Engelmama heute so beschäftigt ist:“
„Ha! Ich verstehe“, sagte Zackarina. „Die gemeine Engelmama ist natürlich auf einem Fest und das arme Engelkind darf nicht mit. Ungerecht!“.
Der Sandwolf sagte, dass es so nicht ganz stimme. Aber dass die Engelmama auf einem Fest sei, das stimme wohl. Und das war nicht irgendein Fest, sondern einprachtvolles Krachfest.
„Man hört bis hierher, wie lustig es dort ist“, sagte der Sandwolf.
Zackarina horchte. Vom klaren Himmel herunter hörte man Lärm und Krach.
„Das sind tausende von Engeln“, sagte der Sandwolf, „die mit den Flügeln flattern und mit Tortenschaufeln klappern. Sie haben immer himmlischen Spaß auf ihren Festen.“
„Und warum darf das Engelkind nicht dabei sein und Spaß haben?“, fragte Zackarina.
Der Sandwolf schaute sie erstaunt an. Klar dürfe das Engelkind dabei sein, aber es wollte nicht. Manche Sachen, die für Engelmamas lustig sind, sind für Engelkinder todlangweilig und umgekehrt! Und wenn die Engelkinder mal ein Fest hatten und ihre heimlichen Spiele spielten, wollten sie auch am liebsten keine großen Engel dabei haben.
„Aber trotzdem“, sagte Zackarina, „Sie essen doch Torte.“
„Ja, genau“, sagte der Sandwolf. „Die Torte!“.
Er glitt zwischen die Wacholderbüsche und holte einen Korb hervor. Dann pfiff er und das Engelkind kam sofort mit flatternden Flügeln angeflogen. Der Sandwolf band dem Engelkind ein Lätzchen um und öffnete den Korb, der voll gepackt war mit Engelessen und himmlischen Süßigkeiten.
Alle drei aßen, bis sie satt waren und rund wie Biskuitrollen, und nach dem Essen wollte das kleine Engelkind Fliegifnatt spielen.
„Wie geht das?“, fragte Zackarina.
Der Sandwolf wischte dem Engelkind den Mund ab und flüsterte Zackarina zu, dass dies ein albernes Spiel mit komischen Regeln sei. „Ganz einfach total langweilig“, flüsterte er.
„Das macht nichts“, flüsterte Zackarina zurück. „Denn wenn man auf ein Engelkind aufpasst, soll man das machen, was das Kind will, damit es weiß, dass man es mag, und damit es nicht zu weinen anfängt, oder?“
Das fand der Sandwolf auch. Es war wichtig, dass man das Engelkind die ganze Zeit liebte, so lange, bis das Fest der Engelmama vorbei war.
Deshalb spielten sie Fliegifnatt, obwohl es langweilig war und obwohl das Engelkind fast die Ganze Zeit schummelte. Aber nach zehn Fnatts fragte sich Zackarina, ob das Engelfest nicht bald zu Ende sei und die Mama ihr Kind abholen würde.
„Nein, normalerweise feiern sie ewig lange“, sagte der Sandwolf. „Die ganze Nacht“.
Da sagte Zackarina, dass sie leider nach Hause gehen und ein paar wichtige Sachen machen müsse, und so ging sie.
Als sie zu Hause ankam, saß Papa auf der Treppe und wartete auf sie.
„Klar kannst du zum Fest mitkommen, wenn du wirklich willst“, sagte er. „Aber ich glaube nicht, dass du es so lustig findest.“
„Ach, ich kann genau so gut zu Hause bleiben. Wenn ich nur einen Aufpasser bekomme, der spielt, was ich will und so lange ich will – die ganze Nacht lang.“.
„Dann fragen wir am besten Oma“, sagte Papa.
„Das finde ich auch“, sagte Zackarina
Dann schauten beide zum Himmel hinauf. Es donnerte da oben und Papa sah bekümmert aus.
„Ich verstehe dieses Wetter nicht“, sagte er. „ein Gewitter, obwohl der Himmel ganz blau ist.“
„Vielleicht ist es kein Gewitter“, sagte Zackarina. „Vielleicht ist es etwas anderes.“
„Ja, möglich“, sagte Papa. „Vielleicht ist es ein Flugzeug.“
„Vielleicht“, sagte Zackarina



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