Advent
Heute mal was richtig persönliches an dieser öffentlichen Stelle - für mich ist es immer noch gewöhnungsbedürftig, mich hier so zu (ver)äußern, aber ich versuch's. Außerdem bin ich neugierig auf inhaltliche Kommentare!
Gestern vor 5 Jahren wurde mein Sohn geboren, ein Jahr später am 1. Advent habe ich ein kleines Ankunfts- und Willkommensfest für ihn gefeiert mit Menschen, die mir und uns im Laufe dieses ersten gemeinsamen Jahres wichtig geworden waren. Seit 2 Jahren geht er nun in den Flensburger Waldorfkindergarten, und da wird immer am Samstag vor dem 1. Advent ein ganz besonderes kleines Fest gefeiert, das für mich und ich glaube auch ihn eine besondere Bedeutung hat. Zeitlich fällt es eben immer auch mit seinem Geburtstag zusammen, aber über dieses ganz persönliche Datum hinaus möchte ich dieses besondere Ritual einfach mal vorstellen.
Es nennt sich "Adventsgärtlein" und ich zitiere aus einem Text von Louise Schlesselmann: "Die christlichen Jahresfeste und ihre Bräuche", weil darin Beschreibung und Deutung so schön formuliert sind:
"Eine weitaus weniger verbreitete Sitte als der Adventskranz ist das sogenannte Adventsgärtlein. Es lässt sich nur in größeren Kindergruppen feiern. Aus Tannenzweigen und Moos wird auf dem Boden eine Spirale gelegt; im Innern der Spirale leuchtet ein Licht. DIe Kinder kommen in den Raum, in dem nur das Licht in der Mitte brennt. Sie setzen sich um die Spirale herum. Jedes Kind erhält, bevor es seinen Weg in die Spirale antritt, eine auf einen Apfel gesteckte Kerze. Dann beginnt sein Weg in die Spirale, um dort das eigene Licht am Licht, das in der Mitte leuchtet, anzuzünden. Das brennende Apfellicht wird dann auf die Spirale gestellt, so daß am Ende die ganze Spirale hell erleuchtet ist. Das Adventsgärtlein steht am Beginn der Adventszeit. Seine eigentliche Herkunft ist unbekannt. (...) Während wir im Kreis das Bild vom Außen- und Innenraum haben, führt bei der Spirale ein Weg von außen nach innen. Im innersten Kern der Spirale findet das Kind das Licht, an dem es seine Kerze entzündet. Indem jedes Kind sein Licht auf die Spirale stellt, wird allmählich der ganze Raum erleuchtet. Wir können klar zwei Pole erkennen: Zum einen muß jedes Kind den Weg nach innen suchen. Im Innern der Spirale findet es das Licht. In diesem Bild finden wir den adventlichen Weg nach innen wieder. So wie wir in Kinderzeichnungen die Spirale und den Kreis als ein Stadium auf dem Weg der Individualsierung des Menschen erkennen, so können wir auch bei diesem Weg nach innen von einem Individualsierungs-Weg sprechen. Zum anderen fügt jedes Kind sein Licht in die Gemeinschaft der anderen Lichter hinein, es stellt sein Licht der Gruppe zur Verfügung. In dieser Geste kommt ein Sozialisierungsbild zum Ausdruck. (...) Man kann sehr viel vom Wesen eines Kindes erkennen, wenn man seinen Weg in das Adventsgärtlein hinein und wieder heraus verfolgt. Es ist, als würde einem von jedem Kind bereits etwas von dem entgegenleuchten, wie es seinen Lebensweg, den Weg zu Individualität und Gemeinschaft, gehen wird." (...)
Es folgen dann noch weitere Bilderdeutungen zu Attributen dieses Rituals (der Apfel, das Licht, die Flamme, die Wärme), aber vielleicht ist auch schon so ein bisschen Stimmung 'rüber gekommen und Gedanken und Gefühle welcher Art auch immer geweckt worden. (Ich erzähle gerne noch Genaueres). Anthroposophisch gefärbte Sprache und Rituale stoßen, so erlebe ich es als zwar innerlich Beteiligte aber doch Nicht-Anthroposophin, oft auf eine Mischung aus Befremdung, Abneigung oder "Lächerlichkeit". Ich empfinde mich manchmal als eine Art Mittlerin zwischen "Drinnen" und "Draußen", weil ich von diesem sinnlichen und beseelten Blick auf Kinder und ihren Zugang zur Welt so angetan und überzeugt bin, ohne das Bedürfnis nach einem größeren theoretischen oder ideologischen Gebäude zu haben (aber eben auch keine ausgesprochene Aversion dagegen).
Soviel für heute zum Themenkreis Philosophie und Pädagogik...
Gestern vor 5 Jahren wurde mein Sohn geboren, ein Jahr später am 1. Advent habe ich ein kleines Ankunfts- und Willkommensfest für ihn gefeiert mit Menschen, die mir und uns im Laufe dieses ersten gemeinsamen Jahres wichtig geworden waren. Seit 2 Jahren geht er nun in den Flensburger Waldorfkindergarten, und da wird immer am Samstag vor dem 1. Advent ein ganz besonderes kleines Fest gefeiert, das für mich und ich glaube auch ihn eine besondere Bedeutung hat. Zeitlich fällt es eben immer auch mit seinem Geburtstag zusammen, aber über dieses ganz persönliche Datum hinaus möchte ich dieses besondere Ritual einfach mal vorstellen.
Es nennt sich "Adventsgärtlein" und ich zitiere aus einem Text von Louise Schlesselmann: "Die christlichen Jahresfeste und ihre Bräuche", weil darin Beschreibung und Deutung so schön formuliert sind:
"Eine weitaus weniger verbreitete Sitte als der Adventskranz ist das sogenannte Adventsgärtlein. Es lässt sich nur in größeren Kindergruppen feiern. Aus Tannenzweigen und Moos wird auf dem Boden eine Spirale gelegt; im Innern der Spirale leuchtet ein Licht. DIe Kinder kommen in den Raum, in dem nur das Licht in der Mitte brennt. Sie setzen sich um die Spirale herum. Jedes Kind erhält, bevor es seinen Weg in die Spirale antritt, eine auf einen Apfel gesteckte Kerze. Dann beginnt sein Weg in die Spirale, um dort das eigene Licht am Licht, das in der Mitte leuchtet, anzuzünden. Das brennende Apfellicht wird dann auf die Spirale gestellt, so daß am Ende die ganze Spirale hell erleuchtet ist. Das Adventsgärtlein steht am Beginn der Adventszeit. Seine eigentliche Herkunft ist unbekannt. (...) Während wir im Kreis das Bild vom Außen- und Innenraum haben, führt bei der Spirale ein Weg von außen nach innen. Im innersten Kern der Spirale findet das Kind das Licht, an dem es seine Kerze entzündet. Indem jedes Kind sein Licht auf die Spirale stellt, wird allmählich der ganze Raum erleuchtet. Wir können klar zwei Pole erkennen: Zum einen muß jedes Kind den Weg nach innen suchen. Im Innern der Spirale findet es das Licht. In diesem Bild finden wir den adventlichen Weg nach innen wieder. So wie wir in Kinderzeichnungen die Spirale und den Kreis als ein Stadium auf dem Weg der Individualsierung des Menschen erkennen, so können wir auch bei diesem Weg nach innen von einem Individualsierungs-Weg sprechen. Zum anderen fügt jedes Kind sein Licht in die Gemeinschaft der anderen Lichter hinein, es stellt sein Licht der Gruppe zur Verfügung. In dieser Geste kommt ein Sozialisierungsbild zum Ausdruck. (...) Man kann sehr viel vom Wesen eines Kindes erkennen, wenn man seinen Weg in das Adventsgärtlein hinein und wieder heraus verfolgt. Es ist, als würde einem von jedem Kind bereits etwas von dem entgegenleuchten, wie es seinen Lebensweg, den Weg zu Individualität und Gemeinschaft, gehen wird." (...)
Es folgen dann noch weitere Bilderdeutungen zu Attributen dieses Rituals (der Apfel, das Licht, die Flamme, die Wärme), aber vielleicht ist auch schon so ein bisschen Stimmung 'rüber gekommen und Gedanken und Gefühle welcher Art auch immer geweckt worden. (Ich erzähle gerne noch Genaueres). Anthroposophisch gefärbte Sprache und Rituale stoßen, so erlebe ich es als zwar innerlich Beteiligte aber doch Nicht-Anthroposophin, oft auf eine Mischung aus Befremdung, Abneigung oder "Lächerlichkeit". Ich empfinde mich manchmal als eine Art Mittlerin zwischen "Drinnen" und "Draußen", weil ich von diesem sinnlichen und beseelten Blick auf Kinder und ihren Zugang zur Welt so angetan und überzeugt bin, ohne das Bedürfnis nach einem größeren theoretischen oder ideologischen Gebäude zu haben (aber eben auch keine ausgesprochene Aversion dagegen).
Soviel für heute zum Themenkreis Philosophie und Pädagogik...
mareked - 28. Nov, 22:27
Hey Ya,
Mir geht es ganz ähnlich wie dir: praktisch sind "die" Anthros auf vielen Gebieten klasse (Landbau, Medizin, Pädagogik, Religion) - und die ist schließlich entscheidend, die Praxis, mein ich.
Die Aversion, wenn sie nicht von vornherein ideologisch motiviert ist, entsteht durch sektenhafte Züge, die der Szene zum Teil zweifellos anhaften. Außerdem ist die Sprache, in der der Gründer geschrieben und vorgetragen hat, eine brechreizerzeugende Zumutung. (Rilke z.B. hat allein aus diesem Grund nichts damit zu tun haben wollen.)
Im Übrigen verändert sich der Laden seit ein paar Jahren radikal - in positivem Sinne, wie ich finde...
Auf weitere "inhaltliche" Kommentare bin ich jetzt aber auch mal gespannt :)
Bis bald, H.